Ich bin ein Flaneur, ein Spaziergangsforscher. Meine genreübergreifende Praxis reicht von Fotografie über Zeichnung, Skulptur und Film bis hin zu Sound und Rauminterventionen. Die Arbeiten der unterschiedlichen Werkgruppen dienen als Träger von Erzählungen, transportieren Spuren von Vergangenem und Gegenwärtigem. Immer steht der Mensch und der von ihm geformte und bespielte Raum im Mittelpunkt.
So fing alles an: bereits als Junge zeichnete ich voll Begeisterung phantasierte Häuser aus der Vogelperspektive, denn ich hatte mit elf ein eigenes Zimmer im Mansardendach bekommen! Vom fünften Geschosz blickte ich nun auf Sachsenhausen – und stand sehr oft am Dachfenster. Mit dem Zeichnen von Häusern hörte ich nicht auf, sondern es wurden daraus immer gröszere Stadtpläne Im Haus am Waldsee in Berlin zeigte ich 2003 erstmals die frühen Pläne erfundener Städte (bis 200 x 300 cm) in der Ausstellung „Das Atmen der Stadt“. Später ist dann die Werkgruppe PLAN daraus hervorgegangen, der einheitliche Formate zugrunde liegen. Jetzt sind es Geschichten über Menschen, die irgendwie aus der NORMalität herausgefallen sind. Vielleicht verdeutlichen dies auch die Titel der Pläne, beispielsweise: Das Haus am Kanal, Plan von der alten Ratte, Plan für Fräulein Falter, Gelbwurstplan, Die Wolkensammlerin, Plan von den Handschuhmännern, Vom Mann mit dem zu groszen Anzug, Plan vom koscheren Mohnstrudel. Ich zeichne, benutze auch Farbstifte und Aquarell, manchmal auch Collage.
In meiner Werkgruppe UMO fotografiere ich während des Flanierens Details des städtischen Raums, die mir sozusagen ins Auge springen. Das Kürzel UMO steht für Unten, Mitte, Oben. So wie wir schauen: wir gucken vor uns zu Boden, wir laufen und blicken nach vorn, nach links und rechts oder wir bleiben stehen und der Blick geht nach oben. Aus dem umfangreichen Fundus dieser Fotografien wähle ich jeweils drei für einen Set aus, wobei ich - von spontanen Erinnerungsblitzen geleitet - ganz unterschiedliche städtische Orte in einem UMO zusammenfüge. Durch diese Montagetechnik entsteht eine Huldigung an die Stadt als Nährboden für jegliche kulturelle Entfaltung. Denn sogar, dies sei etwas provokant angemerkt, in der Stadt gibt es mehr Wildnis, mehr Biodiversität, als auf dem Land.
Die Werkgruppe ILLEGAL ist der Beweis für diese gewagte Behauptung. Beim Flanieren durch die Städte entdecke ich an Stellen, die als Standorte eigentlich unmöglich scheinen, die verschiedensten Planzen und fotografiere sie. Wildwachsendes in der Stadt hat mich bei meiner Spaziergangsforschung schon immer sehr neugierig gemacht: wie schafft es ein Same, in Fugen zwischen Pflastersteinen, in einem Riss im Asphalt, in einer Wandnische ohne jegliche Erde Halt zu finden, zu keimen und zu wachsen? Ein kleinstmögliches Bioreservat! Ich begann 1978, solche Pflanzen zu fotografieren. Doch ich wollte sie auch bei ihren botanischen Namen nennen können. Mit Unterstützung einer Gartenarchitektin und Botanikerin, den Nachforschungen in Bestimmungsbüchern und Heilpflanzenlexika gelang das – aber auch mühsam und unter Schwierigkeiten. Denn durch ihren Standort, fehlenden Nährstoffen und erschwerten Wachstumsbedingungen verändert sich das „normale“ Erscheinungsbild mitunter sehr. Und oft fehlt die Phase der Blüte, die zum rascheren Bestimmen sehr hilfreich ist. Die Serie ILLEGAL, inzwischen sehr umfangreich, besteht aus jeweils drei Tafeln zu einer Pflanze: einer Fotografie des städtischen Umfelds, in dem die Pflanze wächst, einer zweiten Fotografie die nur die Pflanze zeigt, und einer Texttafel. Irritierend bleibt immerder Ort, an welchem ich die Pflanze fotografierte. Weshalb manche Betrachter es für Fotomontagen halten, wodurch mir deutlich wird, wie selektiv wir durch die Stadt gehen, wie konditioniert wir doch sind, was wir sehen und was nicht. Manchmal fühle ich mich selbst wie so eine Pflanze, auch ich kann mir den idealen Wohnort nicht aussuchen, musz da klarkommen, wo ich hineingeboren werde. Deshalb berühren mich solche Pflanzen in der Stadt ganz besonders. ILLEGAL als Titel habe ich gewählt, weil kein städtisches Grünflächenamt zuständig ist, kein Park, kein Vorgarten, kein begrünter Mittelstreifen die Pflanze beheimatet. Und sie weder gepflegt noch geschützt wird. Sondern viel öfter beseitigt werden mit Flammenwerfern, Salz, kochendem Wasser …. oder einfach ausgerissen werden.
Wieder mal laufe ich durch die Stadt. Da! Was ist das denn? Und schon hebe ich irgendetwas auf. Die Farbe oder eine kuriose Form haben mich gefangengenommen. In der Werkgruppe FUNDBÜRO stellen die Dinge sich vor in ihrem So-Sein. Seit langem finde ich auf meinen Streifzügen durch Städte Zufälliges, Verlorengegangenes, Fortgeworfenes, Zerbrochenes, Zertretenes …. Fundstücke des Alltäglichen. Berührt mich so ein Ding, schaut mich an, spricht mit mir, dann hebe ich es auf. Es entsteht ein Fundus von Fragmenten, die aus ihrem Funktionszusammenhang herausgefallen und unnütz geworden waren. Für die Werkgruppe FUNDBÜRO fotografiere ich diese Dinge, übermale die Prints mit Acryl und Zeichenstiften und füge drei zu einer Bildtafel zusammen. Die Drei ist eine besondere Zahl, die in verschiedenen Kulturen auch als heilige Zahl gilt. Durch das Montieren von drei unterschiedlichen Dingen in einer gemeinsamen Bildtafel verwandeln sich das Unnütze, bekommt eine Aura, etwas Unbegreifliches. Erzählt wird eine ganz stille Geschichte vom Werden und Vergehen, ein Märchen von der sinnlosen Erhabenheit des Augenblicks.
Die Städte sind voller seltsamer Geräusche! Bei den Landungsbrücken in Hamburg fing das an; völlig verdattert stellte ich dort fest, es sei ja Jazz, was ich da höre! Verrückter Freejazz! Und ich kam wieder nach Hamburg mit meinem Aufnahmegerät. Nahm das Bummern, Quietschen, Glucksen, Stöhnen und Scheppern auf. Und höre seitdem immer genauer hin: Rolltreppen, Entlüftungen, Blechdosen im Wind, ein Paternoster, Schritte, natürlich auch Stimmen, Musikfetzen, Tassenklappern in Pariser Bars, Möwenschreie in Istanbul, Glockenläuten auf der Toteninsel von Venedig …. Aus diesem Fundus von Einzelgeräuschen entstehen meine Klangcollagen oder Klangteppiche, wie ich sie nenne, denn ich kann mich in diese Klänge hineinlegen und träumen. Um ein Allover der Sounds zu erreichen, bespiele ich eigens gebaute Lautsprecher mit bis zu acht Kanälen. Das Anhören solcher Klangkomposition wird zu einer Reise durch Erinnerungen, Ereignisse und Stimmungen, Orte und Räume tauchen auf und verändern sich.
FUNDBÜRO / Format einer Tafel: 28,4 x 57,5 cm
Spaziergänge der ANDEREN ART in Frankfurt
Werkserie Fotografie
Was ist der Plan?
Eine Stadt zu bauen für Menschen.
Vom Morgen bis zum Abend,
dann sitzen alle fröhlich zusammen,
essen und trinken, tanzen und…
Traumhäuser / Hausträume / Hauswesen
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wo sind die Gewürze und
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